«Ich fühle mich müde, die Glieder schmerzen mich», seufzt der alte Ohrensessel.

«Reiss dich zusammen, Junge», kommt es von einer kleinen zierlichen Kommode.

«Das mache ich nun schon so lange, jetzt mag ich einfach nicht mehr», wehrt sich der Ohrensessel.

«Schau mich an, ich bin viel älter als du, ich bin eine wirkliche Antiquität und ich fühle mich immer noch rüstig», sagt die Kommode mit einem strengen Blick.

«Ich weiss nicht, wie du das machst», antwortet der Ohrensessel, «du siehst wirklich immer noch toll aus, aber schau mich an, meine Kleider sind abgewetzt und ausgefranst.»

«Ja, du bist wirklich keine Augenweide», sagt der grosse, schöne, goldene Spiegel an der Wand.

«Genau!», «Stimmt!», «Bin einig!», mischen sich nun auch andere Möbelstücke ein.

«Ich weiss, ich weiss,», seufzt der Ohrensessel traurig, «aber was soll ich machen?»

«Was wäre denn dein Wunsch?», erbarmt sich der Bücherschrank.

«Mein Wunsch? Oh, eine Erdbestattung, oder ein Feuer, das mich erlöst…», sagt der Ohrensessel träumerisch.

«Ah, eine Transformation also!», erwidert der Bücherschrank altklug. Er hatte in einem seiner Bücher darüber gelesen.

«Eine was?» fragt die Stehlampe.

«Eine Transformation», wiederholt der Bücherschrank, der sich nun so richtig in seinem Element fühlt, und er ergänzt «unter Transformation versteht man den Prozess der Veränderung, vom aktuellen Zustand hin zu einem angestrebten Ziel-Zustand in der nahen Zukunft. Eine Transformation repräsentiert einen fundamentalen Wandel.»

«Papperlapapp», ruft die zierliche Kommode, entrüstet über soviel Gerede. «Reiss dich einfach zusammen.»

Doch der Bücherschrank ist nun so richtig in Fahrt gekommen: «Wenn du wirklich eine Transformation willst, dann musst du dich jeden Tag mehrmals in deinen Wunsch hineinversetzen. Das geht so: Stelle dir bildlich vor, wie du der Erde übergeben wirst oder dem Feuer. Du musst es wirklich fühlen, als ob es schon Realität wäre. »

«Danke», sagt der Ohrensessel, noch etwas ungläubig.

 

Einige Zeit später.

Die Frau des Hauses reinigt den Teppich gründlich. Dazu muss sie alle Möbelstücke, die auf dem Teppich stehen, zur Seite räumen.

Als sie den Ohrensessel nach der Reinigung wieder auf den alten Platz stellen will, schaut sie ihn plötzlich genauer an und denkt: «Der sieht aber nun wirklich schäbig aus.»

Und ein bisschen später: «Hmm… die Energie fühlt sich schwer an.»

Sie überlegt, wie lange sie diesen Ohrensessel nun besitzt und kommt auf 25 Jahre. Sie hatte ihn damals in der Studentenzeit erworben, von einer alten Dame, die ihn wahrscheinlich auch schon 30 Jahre besessen hatte.

«Ich glaube, es ist Zeit für dich zu gehen, du siehst irgendwie müde aus, oder was meinst du?» sagt sie nachdenklich zum Ohrensessel.

Dieser freut sich über die Bemerkung und wackelt mit den Ohren zur Bestätigung.

 

Ein paar Wochen später wird ein neuer Ohrensessel geliefert. Er ist hell, blumig und sieht frisch und quirlig aus.

Der alte Ohrensessel sagt zum Neuankömmling gutmütig: «Ich bin froh, dass du meinen Platz übernimmst. Alles Gute dir!». Dann wird er rausgetragen.

«Oh, wie ich mich freue auf die Transformation!», sagt er gefasst.

«Danke, lieber Ohrensessel, dass du mir so lange gedient hast. Ich wünsche dir alles Gute!», sagt die Frau zum alten Ohrensessel und schaut mit einer gewissen Wehmut zu, wie er von den Männern weggetragen wird. Dann wendet sie sich um und betrachtet den neuen Ohrensessel mit Freude.

«Er hat es tatsächlich geschafft» sagt der Bücherschrank stolz und schwellt seine Brust. «Möchte noch jemand ein Coaching von mir?» und er schaut die anderen Möbelstücke erwartungsvoll an.

«Wow, das ist wirklich beeindruckend!», meldet sich die Lampe. Und andere Möbel pflichten ihr bei.

«Ich möchte auch eine Transformation», kommt es von der Truhe, «ich möchte so gerne weiss sein. Wie mache ich das?» und sie vertieft sich in ein Gespräch mit dem Bücherschrank.

«Ich brauche keine Transformation, mein Make-up sitzt immer noch tadellos», meint die Kommode beleidigt.

«Von was redet ihr?» piepst der neue Ohrensessel fragend und stellt seine Ohren auf.

«Dafür bist du noch zu jung» erwidern die Möbel unisono und betrachten den Ohrensessel gutmütig, wie einen kleinen Welpen.

«Junges Blut, ja, das tut uns gut», sagt der Spiegel zur Lampe.

«Papperlapapp», tönt es von der älteren Kommode-Dame, doch heimlich freut sie sich auch über den Familienzuwachs, der eine fröhliche Stimmung hineinbringt.

Wieder einige Zeit später sagt die Frau zum Mann: «Ich möchte diese Truhe weiss streichen, das wird sie auffrischen.»
Gesagt, getan, eine Woche später erstrahlt die Truhe in einem edlen Cremeweiss, und sie hat auch einen neuen Platz erhalten.

«Oh, wie ich mich freue, mein Wunsch wurde Wirklichkeit», sagt die Truhe.

Geschichte und Illustration: Alexandra Waeber, März 2021

 

Na? Hast du dich wiedererkannt in der Geschichte? Hast du auch so einen alten «Ohrensessel», sprich ein altes Möbelstück, einen Gegenstand oder eine alte Gewohnheit, das/der/die eine schwere Energie aussendet? Oder eine «Truhe», die einen neuen «Anstrich» und «Platz» braucht?

Ob ein Möbelstück, ein Gegenstand oder eine Gewohnheit, wie beim Ohrensessel sind wir es oft, die ihn/sie nicht gehen lassen wollen. Aus Sentimentalität vielleicht oder aus Loyalität.
Ich unterstütze dich gerne beim Erkennen und Transformieren von alten Gewohnheiten und Glaubenssätzen…
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