«Jetzt mache ich alles neu. Neu. Alles neu. Jetzt!…

Es fällt mir leicht… federleicht… Wort ich bin Wort…»

Der Maulwurf streckt seinen Kopf aus dem Erdhügel und schaut sich nach der Stimme um, die diese Worte gesprochen hat, doch er hat seine Brille vergessen und sieht nur verschwommen, also fragt er einfach: «Grashüpfer, bist du es? Was schwatzt du denn da?»

Der grasgrüne Grashüpfer hüpft direkt vor die Nase seines Freundes.

«Ja, ich bin es. Und ich habe dir ja so viel zu erzählen. Ich war an einem Vortrag. Der Schwan hat über den «Zauber der Worte» gesprochen. Ach, so interessant. Jetzt mache ich alles neu. Neu. Alles neu!» Und während er spricht, macht er lustige Hüpfer durchs Gras.

«Der Zauber der Worte?», fragt der Maulwurf etwas skeptisch.

«Ja, es ist so leicht…Du musst einfach nur die Worte aussprechen, die dich in eine leichte Energie bringen, wie zum Beispiel: «Es fällt mir leicht!», und dann spürst du die Resonanz in deinem ganzen Körper…», zirpt der Grashüpfer und hüpft weiter herum.

«Resonanz? Rede deutlich! Und stehe endlich mal still, mir wird ganz schwindlig von deinem Herumhüpfen!», brummt der Maulwurf.

Der Grashüpfer hält inne und erklärt: «Worte haben ganz individuelle Schwingungen, die du in deinem Körper spürst, und je höher die Schwingung, desto leichter ist die Energie. Gewisse Worte bringen dich in eine schwere Energie und andere Worte in eine leichte.»

«Ist das alles?» Der Maulwurf ist immer noch etwas skeptisch.

«Komm doch einfach mit an den nächsten Vortrag. Der Schwan spricht heute Abend wieder. Ich muss jetzt weiter… Ich mache alles neu. Neu. Alles neu…», und schon ist er weitergehüpft.

Es ist Abend und einige Tiere haben sich am Ufer des Flusses versammelt. Darunter auch der Grashüpfer und der Maulwurf. Der Schwan schwimmt im seichten Wasser, gut sichtbar für die Zuschauerinnen. Die untergegangene Sonne taucht den Himmel und die Umgebung in ein zartes Rosa. Der Schwan resp. es handelt sich um eine Schwanenfrau räuspert sich und beginnt zu sprechen:

«Meine Lieben! Gestern habe ich euch über die Worte und ihre Wirkung im Körper und auf unser Energielevel erzählt… Heute möchte ich von einer persönlichen Erfahrung von mir erzählen. Einige von euch wissen es vielleicht. Vor drei Monaten habe ich meinen Partner verloren. Wir waren seit vielen Jahren zusammen, und dieser Verlust war für mich hart. Und ich bin immer noch sehr traurig darüber…».

Die Tiere, die der Schwanenfrau am nächsten stehen, können ihre Tränen sehen. Nach einer Weile fährt sie fort

«Danke, liebe Freunde, dass ihr da seid. Nun zu meinem Thema. Jede und jeder von uns hat schon erlebt, wie Freunde von uns etwas Schlimmes erlebt haben, und weil uns dies «betroffen» macht, «fühlen» wir mit diesem Freund oder Freundin. Und es kann passieren, dass wir regelrecht «mitleiden». Und auf diesen Unterschied möchte ich euch hinweisen: mitfühlen… oder mitleiden… Mitgefühl… oder Mitleid… merkt ihr den Unterschied in eurem Körper?»

«Nun, ich möchte euch erzählen, wie es mir ging nach dem Unfall meines Partners: die Freunde, die mit mir «mitgefühlt» haben, da habe ich gespürt, wie eine Welle von unterstützender Energie in meine Richtung gekommen ist. Das war wunderbar. Es gab dann wie eine Verbindung zu diesem Freund oder Freundin, und das hat mich wie «getragen».

Dann gab es auch Freunde, die mit mir «mitgelitten» haben. Da war die Energie ganz anders. Sie war schwer und hat mich noch weiter in meine Traurigkeit gebracht. Und was noch war… ich merkte, dass es dieser Freundin oder diesem Freund nicht gut ging, wegen mir, und das war mir unangenehm, weil ich mich fast schuldig fühlte, dass es ihr/ihm nun wegen mir nicht gut geht…

Merkt Ihr den Unterschied zwischen «Mitgefühl» und «Mitleid»? Probiert es aus… meditiert darüber…

Das wäre es dann für heute, was ich euch erzählen wollte.»

«Danke!», «Das war toll!», «Bravo!», «Kommst du morgen Abend auch wieder?» «Oh, ja, bitte!», rufen die Tiere und klatschen. Die Schwanenfrau ist etwas verlegen von so viel Applaus, doch sie ist gerne bereit, wieder zu kommen.

Der Grashüpfer und der Maulwurf sind auf dem Heimweg. Der Maulwurf nachdenklich schreitend und der Grashüpfer fröhlich hüpfend.

Plötzlich bleibt der Maulwurf stehen und ruft aus: «Ja, das macht einen Unterschied!»

Der Grashüpfer, überrascht durch den plötzlichen Halt, kann in seinem Sprung nicht mehr ausweichen und landet auf dem weichen Rücken seines Freundes. «Sorry!» entschuldigt er sich und hüpft vom Rücken ins Gras. «Was macht einen Unterschied?»

«Der Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl!», brummt der Maulwurf und fährt fort: «Im Frühling, als wir das Hochwasser hatten, und die Wohnung meiner Nachbarn voll Wasser war und sie von einem Tag auf den anderen alles verloren hatten… das ging mir so nahe, und ja, ich bin mir nun bewusst, ich hatte Mit-Leid mit ihnen, das heisst, ich hatte «mit-gelitten», und das war niederdrückend… schwer wie eine Tonne… Und wenn ich mich nun in die damalige Situation versetze, und nicht mit-leide, sondern mit-fühle, dann merke ich den Unterschied… es ist, als ob sich ein dunkler Schleier hebt…»

Der Maulwurf hält inne, die Augen geschlossen. Der Grashüpfer beobachtet wie die Gesichtszüge seines Freundes ganz weich werden.

«… und stattdessen spüre ich eine feine, leichte Energie, die von mir zu den Nachbarn fliesst… hin und her… und, ja, diese Energie trägt mich! Das hat doch die Schwanenfrau auch gesagt, sie fühlte sich vom Mit-Gefühl wie getragen…»

Der Grashüpfer freut sich mit seinem Freund über die Erkenntnis.

«Ein Unterschied, der einen Unterschied macht. Das ist der Zauber der Worte»

«Jetzt mache ich alles neu. Es ist so leicht…», flüstern die Blätter der Birke.

«Wort ich bin Wort», rascheln die Blätter der Eiche.

Geschichte und Photos/Bild: Alexandra Waeber, September 2023

Soweit die Geschichte. Und was meinst du dazu? Hast du schon ähnliche Erfahrungen/Erkenntnisse gemacht?

Hast du, während du die Geschichte gehört hast, gleich ausprobiert, wie die Worte «Mitgefühl» und «Mitleid» auf dich wirken?

Vielleicht kennst du die Forschungs-Arbeiten der Neurowissenschaftlerin Tania Singer und dem buddhistischen Mönch Matthieu Ricard zu den Unterschieden von Empathie und Mitgefühl? (siehe ReSource-Projekt auf www.taniasinger.de)

Empathie wird da als Vorstufe von Mitgefühl definiert, als die Fähigkeit, mittelbar an den Gefühlen anderer teilzuhaben. Empathische Menschen geraten oft in eine Spirale, in welcher sie mit den leidenden Menschen/Tieren mit-leiden, das vermeintliche Mitgefühl entpuppt sich als Mitleid.

Das Mitgefühl hingegen ist die emotionale Reaktion auf Empathie, echte Anteilnahme, und ist verbunden mit einem Gefühl von Wärme und Liebe. Die Anlagen zu Empathie haben wir in der Regel seit unserer Geburt in uns, doch Mitgefühl müssen wir (meist) lernen resp. trainieren, und zwar Körper, Geist und Seele zusammen.

Wir können heute damit beginnen…

Als Solution focused Coach, Systemische Beraterin SySt® und Naturphilosophin mit gesundem Menschenverstand begleite ich gerne Frei-Geister bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung hin zu auch unkonventionellen Lösungen, und Worte spielen in meiner Arbeit eine grosse Rolle.

Ich freue mich, wenn wir ins Gespräch kommen. Kontaktiere mich.